Helm-Revolution in der NFL für mehr Sicherheit
ZitatAlles anzeigenSie sehen gewöhnungsbedürftig aus, erfüllen jedoch einen wichtigen Zweck: die sogenannten Guardian Caps für Footballspieler, die jetzt erstmals vereinzelt in Preseason-Spielen der NFL zu sehen waren – auch bei Jonathan Taylor von den Indianapolis Colts.
Kopfverletzungen durch wiederholte, auch leichte Schläge gegen den Kopf oder durch Stürze auf den Boden und deren Folgen sind erst seit einigen Jahren bei Sportarten wie Boxen, American Football, Fußball und Rugby in den Fokus gerückt – vor allem vorangetrieben durch US-Studien, die sich mit den Gehirnen gestorbener Footballspieler befassten und dort CTE nachwiesen. CTE – das bedeutet chronische traumatische Enzephalopathie, eine seltene, fortschreitende neuro-degenerative Erkrankung, ausgelöst durch wiederholte, auch leichtgradige Schädeltraumen.
Zehn Jahre nach dem ersten Beweis von CTE bei einem verstorbenen Footballspieler (Mike Webster) sorgte der Hollywood-Film „Erschütternde Wahrheit“ zu genau diesem Thema für viel Aufsehen. Das Bewusstsein für die Gefahren ist gewachsen, und in Amerikas National Football League (NFL) sowie auch hierzulande gibt es zumindest in dieser Sportart verschiedene Regeln zum Schutz der Spieler. Zur Sache geht es dennoch.
In den Bemühungen, American Football weiterhin sicherer zu machen, gibt es nun eine neue Variante, die jetzt auch in der normalen Saison zum Einsatz kommen könnte: der Guardian Cap. Der normale Helm wird mit Polstern überdeckt und soll dadurch mehr Sicherheit geben. Von manchen Sportlern wird er auch als „Helmkondom“ bezeichnet.
Die NFL begann mit dem Testen der Guardian Caps in den Trainingscamps 2022. Im Frühjahr wurden sie nun von der NFL zur neuen Spielzeit auch im regulären Spielbetrieb zugelassen. Sechs Sportler haben diesen Schutz in den Vorbereitungsspielen getestet, darunter Jonathan Taylor und vier weitere Teamkollegen der Indianapolis Colts sowie James Daniels von den Pittsburgh Steelers.
Ob der Helm auch in der regulären Saison zum Einsatz kommen wird, ist offen. Daniels jedenfalls hat angekündigt, dass er den Helmschutz eigentlich nicht abnehmen möchte. Und Colts Safety Rodney Thomas II sagt: „Ich hatte einfach das Gefühl, dass er mich im Training nicht behindert hat. Man erhält einfach mehr Schutz. Also dachte ich mir: ‚Warum nicht?‘“
Anderer Meinung ist Seahawks-Defensive-End Shelby Harris. „Ich verstehe zwar, was sie damit bezwecken wollen“, sagte er US-Medien, „aber die Jungs werden anfangen, mehr ihren Kopf einzusetzen, weil sie es gewohnt sind, ihn nicht zu spüren. Und dann gehen sie in ein Spiel und das nächste, was man weiß, ist, dass sie sich selbst ausknocken.“ Er glaubt, dass der Helm am Ende mehr Probleme mit sich bringt, dass die Sportler mehr Schläge gegen den Kopf bekommen.
Jeff Miller, NFL-Vize und zuständig für die Gesundheit der Spieler, sagte in einem Pressecall: „Wir werden weiterhin die Spieler ermutigen, die beste Technologie an Helmen zu verwenden.“ Die Liga hat sich auf die Fahne geschrieben, die Folgen von Kopfverletzungen zu minimieren. Zu jeder Saison werden deshalb auch Helme von der NFL verboten und aussortiert. Anhand einer Tabelle wird analysiert, welches Modell den besten Schutz geben kann.
Dr. Allen Sills, der medizinische Leiter der Liga, schildert: „Wir haben jetzt zwei Jahre lang Daten gesammelt, die zeigen, dass die Zahl der Gehirnerschütterungen bei den Spielern, die den Guardian Cap tragen, deutlich zurückgeht.“ Die Zahl der Gehirnerschütterungen sinkt mit dem Guardian Cup um 50 Prozent, erklärt Jeff Miller. Die Wucht eines Aufpralls wird um etwa 20 Prozent reduziert, wenn beide Spieler diesen speziellen Helm tragen.
Auch – wenngleich nicht nur – zur Minimierung von Kopfverletzungen wurde zu dieser Saison die Kickoff-Regel geändert. Der Kickoff soll wiederbelebt werden – und zwar mithilfe einer Regel-Revolution, für die sich die Eigentümer der 32 Teams im Sommer entschieden haben. Statt des klassischen Kickoffs gibt es fortan den sogenannten „Hybrid Kickoff“.