Im März 2008 habe ich an einer Grubenfahrt der Zeche Prosper in Bottrop teilgenommen.
Angeboten hatte diese Tour das Stadtmarketing-Büro in Bottrop, welches m.E. als einziges noch solche Touren im Rahmen der Aktion "Unternehmen Entdecken" für Einzelpersonen anbietet. Ich habe zumindest sonst nirgendwo eine Möglichkeit gefunden, außerhalb einer Gruppe, die den Event selber mit dem Bergwerk plant und durchführt, an einer solchen Führung teilzunehmen. Man musste am Anmeldungstag nur frühzeitig da sein, da die Tickets sehr begehrt waren/sind. Mittlerweile werden immer weniger Termine angeboten; meines Wissens waren es für 2012 nur noch 2 mit jeweils 12 Besuchern.
Mein Interesse an einer Grubenfahrt wurde durch die Route Industriekultur geweckt, deren Ankerpunkte wie den Landschaftspark Nord in Duisburg oder andere Sehenswürdigkeiten ich in den letzten Jahren gerne mal besucht habe. Weiterhin war mein Großvater Bergmann und ich habe sein Haus übernommen/geerbt, das 1930 im Stil eines Bergmannshauses gebaut wurde. Ansonsten hatte ich bislang zu diesem Thema nur Bezug wegen Bergbauschäden, da unter meinem Wohnort bis vor ein paar Jahren auch Kohle abgebaut wurde.
Treffpunkt war Prosper IV, Schacht 9 in Bottrop – das ist in der Nähe des Autobahnkreuzes Bottrop.
Teilnehmen können an solchen Touren bis zu 12 Personen im Alter von 18 bis 60 Jahren, die sich diese Tour zutrauen und auch relativ gesund sein sollten. Ab 12 Personen muss vom Bergwerk noch eine zusätzliche Begleitperson bereitgestellt werden, daher diese Begrenzung. Bei unserer Tour waren 4 Frauen dabei.
Zu Beginn der Tour hat man sich zusammengesetzt und von unserem Tour-Guide eine kleine Einführung am Beamer erhalten; weiterhin wurde man kurz in den Gebrauch des Atemschutzgerätes eingewiesen, welches man in einem Notfall benutzen muss.
Danach musste man sich umkleiden, für jeden war ein Spind vorbereitet, in dem die Kleidung etc. in der richtigen Größe hing (die musste man bei der Anmeldung angeben).
Man hatte sich komplett umzuziehen inkl. Unterwäsche und Socken, Hemd, Hose mit Gürtel, Jacke und Halstuch. Dazu lagen noch Helm, Handschuhe und eine Schutzbrille bereit und für später ein Handtuch.
Weiter bekam man an anderer Stelle noch ein paar Arbeitsstiefel, die sehr gut eingewichst waren, so dass man vor Antritt der Tour unter Tage schon schmutzige Finger hatte; dazu ein paar Schienbeinschoner.
An der nächsten Station – der Lampenstube - wurde man mit einem Gürtel ausgerüstet, an dem eine Batterie plus Lampe an einem langen Schlauch (auch als Kopflampe zu benutzen) und das Atemschutzgerät (der so genannte CO-Filter-Selbstretter) für den Notfall hingen; der war schon etwas schwer und vor allem ungewohnt.
Hier wartete auch der Waschkauenwärter auf uns und machte ein paar Bilder mit den Kameras, die man ihm vorher ausgehändigt hatte.
Unter Tage sind keine Aufnahmen erlaubt und man durfte auch keine Batterie-betriebenen Geräte wie Uhren oder Handys oder Synthetik-Kleidung mitnehmen, da diese durch Funken eine Explosion hervorrufen könnten. Rauchen und offenes Feuer ist selbstverständig auch verboten.
Neben unserem Guide wurden noch zwei weitere Leute für die Tour abgestellt, damit wir uns da unten auch nicht verlaufen oder irgendwelchen Unsinn anstellen konnten.
Mit dem Förderkorb unter dem Fördergerüst (siehe Bild oben) ging es in der Schachthalle dann durch den Aufzugsschacht in 2 Minuten auf 1000 Meter Tiefe.
Dabei entstand wie im Flieger ein Druck auf den Ohren und zum Teil war es sehr laut, da in diesem Schacht die Luft durch ein Gebläse wieder rausgeholt wurde, welche in einem anderen Schacht reingeblasen wurde.
Der Bergmann redet hier vom Wetter, was geregelt wird.
Die Fahrt war etwas rau, aber jedes größere Fahrgeschäft auf der Kirmes ist unangenehmer.
Unten angekommen waren es so ungefähr 25 Grad und es blies ein heftiger Wind verursacht durch die Wetter-Regulierung.
Mein erster Eindruck:
Trotz Beleuchtung und eigener Lampen war es recht dunkel, man befand sich in einem relativ großen Tunnel mit einer Unmenge an Gerätschaften. In den Stollen fahren auch Schienenfahrzeuge oder kleinere Einschienenhängebahnen zum Transport von wirklich allem. Dazu sah man viele Versorgungsleitungen für Wasser, Abwasser, Strom etc. und immer wieder unbekannte Geräte jeglicher Art.
Dazu kam noch das seltsame Gefühl in dieser unbekannten Umgebung zu sein – zumal die Höhle erwartungsgemäß nicht gerade sauber und trocken war.
Wir mussten die Lampen anmachen und die Schutzbrillen aufsetzen.
Ein Hinweg von ungefähr 1,5 km lag vor uns, welcher zu Beginn eigentlich noch recht einfach war, da man recht gut und aufrecht gehen konnte.
Gezeigt wurden uns auch Wassertröge an der Decke, die bei einer Schlagwetterexplosion zerplatzen und das Feuer sofort löschen sollen.
Nach dem Passieren von zwei Luftschleusen ließ der Wind nach, aber die Luft wurde auch mäßiger.
Teilweise wurde es sehr eng, wenn man an Geräten vorbei musste und nach dem Überqueren eines Förderbandes, welches ganz schön flott lief, über eine kleine Brücke wurde es noch zunehmend enger und vor allem auch schlammiger – gut dass die Stiefel wasserdicht waren.
Spätestens hier war ich sehr froh, einen Helm auf zu haben, ich bin mehrfach damit irgendwo gegen geknallt.
Wir waren jetzt auf dem Weg zu einem Abbaugebiet (teilweise leicht bergauf) und konnten uns auch in den Bereich begeben, wo die Kohle mit großen Maschinen tatsächlich abgebaut wird, dem sogenannten Streb. Der Produktionsbetrieb war während unseres Besuches allerdings gestoppt, da es weiter oben zu Problemen gekommen war, die erst behoben werden mussten – es hatte wohl einen Gesteinseinbruch gegeben, der abgestützt werden musste. Somit kamen wir nicht in den "Genuss" der Lärm- und Staubentwicklungen, welche bei der Produktion entstehen, aber ich war eigentlich auch gar nicht böse drum. Der Eindruck alleine so war schon recht heftig und das alles inkl. Walzenschrämmlader und Abstützungen mal aus der Nähe zu betrachten (in kleineren Flözen kommen sogenannte Kohlenhobel zum Einsatz). Wir hatten noch Glück, weil das Flöz, das gerade abgebaut wurde, recht hoch war (so 2m), so dass man gebückt gehen konnte und nicht kriechen musste, es war aber alles sehr eng.
Diese gebückte Haltung während dieser 200 - 300 m fand ich etwas anstrengend, den Rest der Lauferei auch mit dem Gürtel fand ich jetzt nicht so schlimm, schließlich bin ich in großer Hitze mit Rucksack auch schon gewandert.
Letztendlich wurden wir nicht so besonders schlimm eingedreckt, aber die Kumpel, die dort unten arbeiteten, waren schon ganz schön schmutzig.
Da wir jetzt nicht mehr viel anschauen konnten, ging es den gleichen Weg wieder zurück. Es wurde auch eine Pause gemacht, wo Wasser rumgereicht wurde (die Bergleute unter Tage trinken teilweise 5 Liter pro Schicht). Der ein oder andere hat sich auch ein Kohlensouvenir mitgenommen.
Die meisten hatten keine Problem mit der Lauferei, aber wer völlig unsportlich ist, sollte sich diese Tour besser nicht antun. Ich war zwar völlig durchgeschwitzt und auch für meine Verhältnisse verdreckt, aber nicht erschöpft.
Am Ausgangspunkt angekommen ging es mit dem Förderkorb wieder nach oben inkl. Ohrendruck und Lärm – und nach 2 Stunden waren wir wieder zurück in der Oberwelt.
Der Kauenwärter hat wieder ein paar Bilder gemacht zum Vorher-Nachher-Vergleich – bei uns war der Unterschied aber nicht soo groß.
Der Gürtel wurde wieder abgenommen und danach musste man sich in einem Vorraum seiner dreckigen Klamotten komplett entledigen (natürlich nach Geschlechtern getrennt ) – am meisten hatten die Stiefel gelitten.
Nach einer Dusche wurde die Alltagskleidung wieder angezogen und es gab noch einen kleinen Imbiss (Schnitzel, Frikadellen, Kartoffelsalat) und jede Menge alkoholfreier Getränke.
Unser Guide hat noch einen kleinen Vortrag gehalten und uns anhand von Karten gezeigt, wo wir unterwegs waren.
Unter-Tage-Karte
Wir haben dann noch für die Reinigung der Klamotten gesammelt (die ganze Tour war schließlich kostenlos!) und nach gut 4 Stunden war die ganze Veranstaltung wieder vorbei.
"Glück auf!"
Ich bin jetzt wirklich nicht der Fan vom Bergbau geworden, aber es war eine Erfahrung, die man mal gemacht haben sollte, solange es noch möglich ist – wenn man an dem Thema ein wenig interessiert ist.
Respekt verdienen alle Kumpel, die täglich dort unten unter diesen Bedingungen und Anstrengungen arbeiten müssen. Und ich will gar nicht daran denken, wie man früher dort mit Hacke und Schaufel schuften musste.
Da will ich mit meinem Büro-Job ganz und gar nicht tauschen.
Zuhause habe ich erst gemerkt, dass trotz Dusche der Staub noch im/am Körper war, als ich meine Nase geputzt habe und das Taschentuch heftig schwarz war; und ein paar blaue Flecken habe ich auch abbekommen.
Fazit
Wer Interesse an dem Thema hat, sollte eine solche Grubenfahrt irgendwo/irgendwie mal machen. Ich fand es beeindruckend.