Wenn man von LA aus auf der Interstate 15 nach Las Vegas fährt (oder umgekehrt), kommt man kurz vor (bzw. kurz nach) Baker an der Ausfahrt # 239 "Zzyzx Road" vorbei.
So wie fast alle Leute, bin auch ich immer nur an der Ausfahrt vorbeigefahren, um möglichst rasch weiterzukommen. Aber der ungewöhnliche Name war mir natürlich schon beim ersten Mal aufgefallen und daher hatte ich mich schon über die Geschichte das Ortes eingelesen. Trotzdem ergab es sich nie, dass wir uns das einmal näher angesehen hätten. Entweder musste/wollte ich so rasch wie möglich nach Vegas oder heim, oder es war Nacht, oder es gab sonst eine Ausrede - meistens musste die Mrs. schon ganz dringend und daher ging's für gewöhnlich im gestreckten Galopp weiter bis Baker und dort zum erlösenden AM/PM-Restroom...
Aber Zzyzx stand eben schon so lange auf der Liste, dass es jetzt endlich einmal sein musste - und so fuhren wir hin.
Sobald man die Interstate verlassen hat, geht's leicht bergab zum "Soda Dry Lake" (also einem weitestgehend ausgetrocknetem See mit dicker Soda-Kruste), den man auch gut von der I-15 aus sehen kann.
Die Strasse ist asphaltiert (von einem ganz kurzen Stück abgesehen, wo die Regenfälle der vergangenen Monate offensichtlich den Asphalt weggewaschen haben) und führt direkt am "Seeufer" entlang.
Nach rund vier Meilen beginnt dann die Vegetation immer dichter und grüner zu werden, links und rechts neben der Strasse stehen auch Palmen und schliesslich erreicht man die Einfahrt zum vormaligen "Soda Springs Resort", oder eben auch "Zzyzx" genannt.
Ursprünglich gab es dort eine grosszügig angelegte Zufahrtsstrasse mit Palmen-Allee, Beleuchtung, etc. Diese führte zu einer Hotelanlage mit mehreren Nebengebäuden und auch zwei kleinen Seen, welche aus einer natürlichen Quelle gespeist werden. Diese Seen (oder bessere Teiche) werden von dieversen Wasservögeln bevölkert, die man mitten in der Wüste wohl eher nicht vermuten würde.
Die Anlage wird heute von der California State University als eine Art Aussen-Campus für unterschiedlichste Studien zur Erforschung von Flora, Fauna, Geologie, etc. der Wüste genutzt.
Die Geschichte der Anlage ist aber noch viel interessanter:
Gegründet wurde die Anlage um 1960 von einem illustren Herrn Springer, der sich als Wunderheiler, Betrüger und christlicher Radio-Prediger einen fragwürdigen Namen gemacht hatte. Irgendwann landete er in einer kleinen Oase rund um die o.g natürliche Quelle am Soda Dry-Lake und als Nächstes liess er sich ein ansehnlich grosses Stück öffentliches Land für den Abbau von Mineralien zuteilen - mehr oder weniger gratis. Herr Springer benannte den Ort "Zzyzx", damit der Ortsname als allerletzter Name im Ortsverzeichnis der USA aufscheinen würde - und weil er (Herr Springer) immer das letzte Wort haben wollte (daran sehe ich nichts Falsches... )
Dann stampfte er mit Hilfe von Einnahmen aus diversen "Wundermittel"-Verkäufen und anderen Betrügereien ein komplettes Resort-Hotel aus dem Boden. Dank seiner christlichen Radio-Predigten fanden sich jede Menge Gutgläubiger, die auch auf die wundersamen Heilkräfte von Herrn Springer's Wunderheilmitteln vertrauten - und auch auf die Heilkraft der "heissen Quellen"
Dazu sollte erwähnt werden, dass ausgerechnet die Quelle von Soda Springs keine heisse Quelle ist. Daher musste Herr Springer ein paar Heizungsanlagen einbauen, um das Wasser extra auf Heilkraft und so zu erwärmen.
Die Hotelzimmer waren angeblich ziemlich preiswert, was man aber von den Wundermitteln nicht behaupten konnte. Es wurde alles gegen alles angeboten. Es gab Wässerchen gegen Haarausfall, gegen Frigidität, sicher auch gegen Knochenbrüche und - wie immer - für ewige Jugend und noch längeres Leben. Man muss eben daran glauben...
Das Unternehmen war ein voller Erfolg, sofern man von der zunehmenden Anzahl von Klagen und Ermittlungen gegen Herrn Springer absehen möchte.
Irgendwann so um 1972 herum zogen sich die juristischen Schlingen um Herrn Springer's Hals immer enger. Abgesehen von seinen sonstigen Betrügereien stiess dem BLM unangenehm auf, dass er nicht nur absolut keinen Bergbau betrieb (die Voraussetzung unter welcher die Nutzungsrechte zugesprochen bekommen hatte), sondern dass er auch mehrmals versuchte, das Land welches ihm ja nicht gehörte, gewinnbringend zu verkaufen.
1974 wurde er dann rausgeschmissen und zu 60 Tagen Gefängnis verurteilt. Das Land und die Gebäude darauf fielen wieder an das BLM zurück und werden eben aktuell von der USC für Forschungen genutzt.
(Auf den Informationstafeln vor Ort wird lediglich in einem Einzeiler lapidar erwähnt, dass Herr Springer seinerzeit wegen "juristischer Komplikationen" gegangen wurde. )
Man darf zwar nicht bis direkt in den vormaligen Resort-Bereich fahren, aber es gibt unmittelbar vor der Einfahrt einen Parkplatz und von dort aus kann man dann die Anlage weitestgehend zu Fuss erkunden. Allzuviel Zeit muss man nicht einplanen, denn die Anfahrt dauert maximal 10-15 Minuten und ein Rundgang kann in einer guten Dreiviertelstunde erledigt werden. Man kann sich natürlich auch mehr Zeit nehmen, denn es gibt eben die o.g. Vögel, andere Wüstentierchen und - aber nur am Wochenende - auch Führungen und ein Restaurant, um den Besuch noch etwas auszudehnen.
Wenn man also die Fahrt zwischen LV und LA (oder umgekehrt...) ein bisschen abwechslungsreicher gestalten möchte, bietet sich Zzyzx definitiv als kleiner Abstecher an. Wenn man's rechtzeitig vorab einplant und Zeit hat, sich ein bisschen über die Geschichte des Ortes einzulesen, macht's das Ganze natürlich noch viel interessanter. Immerhin gilt Zzyzx nach wie vor als eine der interessantesten Betrügereien in der Justizgeschichte der USA. Seinerzeit brauchte Prediger Springer noch dieses echte Spinnennetz, um die Gläubigen ausnehmen zu können. Heute würden seine Wässerchen wohl ganz international (zBsp. via Webseiten wie "Zentrum der Gesundheit" oder bei "Astro TV" ) verkauft - so bräuchte er auch gar kein Resort in der Wüste mehr - und so gäb's heute ja gar nichts zu besichtigen...